Warum ich selbst verlege

22 Jan 2015. By Christian Grobmeier
Mehr als ein Jahr ist vergangen seit ich das Buch "Zen. Für Programmierer." herausgegeben habe, und nun ist es Zeit zu rekapitulieren. War das Selbstverlegen das Richtige für mich oder hätte ich eines der Angebote zur Herausgabe annehmen sollen?

Vor gut einem Jahr habe ich mein Buch “Zen. Für Programmierer”, das eine Fortsetzung des überraschend erfolgreichen Blog Post namens “Die 10 Regeln des Zen-Programmierers” war, selbst herausgegeben. In dem Buch habe ich viele persönliche Einblicke gesammelt, sowie viele andere Dinge die ich bei den Zen-Übungen gelernt habe. Da dies eine sehr persönliche Arbeit war, wollte ich etwas Kontrolle darüber behalten, was damit passieren würde. Aber andererseits habe ich gehofft, dass es in einer Form veröffentlicht werden würde, die meinen Lesern und mir gefällt. Als ich beim Schreiben des Buchs einen bestimmten Meilenstein erreicht hatte und sicher war, dass ich es fertigstellen könnte, habe ich mich an einige Herausgeber gewandt. Obwohl ich auf Englisch geschrieben habe, habe ich keine ernstzunehmenden Angebote von Herausgebern in den USA bekommen. Stattdessen habe ich fünf Angebote von deutschen Verlägen bekommen. Was immer die Gründe der US-Verläge waren, mir kein Angebot zu machen, war ich sehr glücklich, bei den deutschen Herausgebern auf soviel Interesse zu stoßen.

Es ist nicht wie bei Hemingway.

Es ist wie programmieren. Wenn Sie bisher noch kein Buch geschrieben haben, haben Sie vielleicht ein wenig romantische Vorstellungen vom Schreibprozess. Es is definitiv nicht so, dass Sie den Fernseher ausschalten, ein Glas Wein trinken, und ein Paar philosophische Notizen zu Papier zu bringen.

Als ich 2007 mein erstes Buch veröffentlicht habe, hat mir mein Herausgeber eine straffe Deadline vorgegeben und mich gebeten schneller zu schreiben. Sie können nicht immer auf gute technische Redakteure bauen. Sie haben eine Menge zu tun und ein kleines Budget. Und in einigen Fällen haben sie nicht einmal die entsprechende Ausbildung für ihren Job. Letztendlich bekommen Sie eine Überprüfung des Aufbaus, hohen Druck, und vielleicht einige Grammatik- und Rechtschreibkorrekturen.

2012 wollte ich ein Buch über Dart schreiben. Als ich halb fertig war, realisierte ich dass mein Herausgeber nicht einmal daran dachte es zu lesen. Er hat einfach vorausgesetzt dass es druckreif wäre.

Ein Buch zu schreiben ist harte Arbeit. Vielleicht passt die romantische Vorstellung des Schreibens zum Schreiben von Belletristik, aber nicht wenn Sie an Fachbüchern arbeiten. Sie verdoppeln Ihren Aufwand: Sie sind nicht nur Autor, Sie sind auch technischer Redakteur.

Kalkulation

Im Internet habe ich von den scheinbar riesigen Geldbeträge gelesen, die Leute mit dem Selbstverlegen ihrer Bücher verdient haben. Aber niemand weiß, wie erfolgreich ein Buch werden wird. Ich musste meine Ausgaben kalkulieren und über den Daumen peilen, wieviel ich schlimmstenfalls bereit war zu verlieren.

Die meisten meiner Leser würden englischsprachige Personen sein. Da ich kein Muttersprachler bin und einige größere Schwachstellen beim Schreiben habe, habe ich beschlossen dass ich einen Herausgeber brauchen würde.

Außerdem wollte ich eine ansprechende Website. Ich könnte das Programmieren komplett selbst machen, aber Design gehört nicht zu meinen Kernkompetenzen. Ich schätzte dass ein Budget von *nur* 1500 € mich einen Schritt weiter bringen würde. Das mag für Vollzeitbeschäftigte nach nicht viel klingen, aber für mich war das eine Menge Geld. Glücklicherweise hatte ich einige talentierte Leute zur Hand, die mir trotz dieses knappen Budgets helfen wollten. Ich entschied dass es nicht allzu schlimm wäre wenn ich das Investment verlieren und niemand das Buch kaufen würde.

Ich habe von anderen Selbstverlegern gelesen die 10, 15 oder sogar 20.000 $ mit ihren Büchern verdient haben. Ich hoffte 5.000 € zu verdienen. Ich hatte Interessierte auf der Mailing-Liste und ein gewisses Momentum auf Hacker News und anderen Websites. Angesichts der Ausgaben würde ich 3.500 € behalten, was in Deutschland für 250 Arbeitsstunden nicht viel ist.

Die Verlagsverträge hatten mir 500 - 750 € im Voraus angeboten als das Buch gedruckt wurde (nicht wenn es fertig wäre - manchmal ein wichtiger Unterschied). Nach der Vorauszahlung würde man ein Minimum für jedes verkaufte Exemplar ab dem 1000. verkauften Buch erhalten. Einige Verträge haben diese Zahlung sogar auf der Höhe der Stückzahl basiert. Das hat den Vertrag auf den ersten Blick attraktiv wirken lassen, aber es wäre unwahrscheinlich gewesen, jemals höhere Zahlungen zu erreichen.

Im Allgemeinen kann man sicher sagen, dass das Maximum das Sie mit einem deutschen Verleger verdienen würden bei 750 € läge.

Promotion

Ich habe recherchiert, wie Verläge Bücher promoten. Offen gesagt gibt es einige wenige "Bestseller" die auf ein Katalog-Cover oder mit einem netten Bild auf die Verlags-Website kommen. Aber abgesehen von diesem Katalog-Cover und einigen Massen-E-Mails ist die Promotion normalerweise beendet. Die letzten Bücher, die ich gelesen habe, waren Empfehlungen von Freunden oder von Twitter. Manchmal habe ich die Website der Autoren gefunden, wenn ich ihren Blog gelesen habe, und dann das Buch gekauft. Aber ich habe fast nie ein Buch gekauft das in den Massen-E-Mails der Verlage promoted wurde.

Ich habe beschlossen, dass das "Herausgeber kümmern sich um Promotion"-Argument für mich nicht zählt.

Rechte und Vertrieb

E-Books sind heutzutage ein wichtiges Thema, besonders für Leute, die im IT-Bereich arbeiten. Vor 10 Jahren habe ich über E-Books gelacht und gesagt dass ich niemals meine 2000 Bücher loswerden wollen würde. Heute ist mein Regal auf 300 Bücher zusammengeschrumpft, und ich habe viel mehr auf meinem Tablet gelesen. Ernsthaft, in einem echten Buch nach etwas zu suchen ist wirklich mühsam. Zumindest Fachbücher sollten E-Books sein. All die Verträge die ich gelesen habe, gaben den Verlagen das Recht, beinahe alles mit meinem Text zu machen: E-Book, Hörbuch, sogar Comics daraus zu machen oder den Text zu halbieren, um eine Reihe daraus zu machen. Sie würden nichtmal fragen müssen.

Außerdem sind sie befugt, mit DRM "ihre Vermögenswerte zu schützen". Nennen Sie mich einen Idealisten, aber ich glaube dass meine Leser großartige Personen sind. Ich möchte sie nicht alle mit etwas Lästigem wie DRM bestrafen, nur weil ein Paar das Buch stehlen würden. Stattdessen habe ich mich entschieden, das Buch für jeden frei zugänglich zu machen, der nicht genug Geld hat um es zu kaufen. Echte Bücher kann man sich von Freunden ausleihen. Warum sollte das nicht auch mit E-Books funktionieren? Ich vertraue meinen Lesern, und die 100 $ die ich dabei verlieren könnte wären nicht genug um das zu ändern.

DRM war nichts für mich.

Erfahrungen

Schlussendlich habe ich die englische Version selbst herausgegeben und mehr als 600 Exemplare verkauft. Einige kostenlos, aber ich habe mein Ziel von 5000 € erreicht. Ich habe alle meine Ausgaben wiederbekommen und sogar ein Paar Steuern dafür bezahlt. Mein Zeitaufwand wurde nicht in voller Höhe entlohnt, aber das macht mir nichts.

Erfahrungsgemäß würde ich sagen, dass es keinen Unterschied gemacht hat, selbst zu verlegen anstatt mit einem klassischen Verlag zusammenzuarbeiten. Solange Sie Ihre "Sache gut machen" und Hilfe von einem Herausgeber haben, macht es beinahe keinen Unterschied. Tatsächlich können Sie sich selbst für einen Herausgeber entscheiden und das mag eine sehr gute Idee sein. Ich war sehr zufrieden mit meinem, Zachary Low.

Später hat Lucas Videla das Buch ins Spanische übersetzt, unter dem Titel El Programador Zen. Die deutsche Ausgabe des Buchs liegt auf meinem Tisch und ist so gut wie fertig zur Veröffentlichung.

Letztendlich bin ich total zufrieden mit meinen Entscheidungen. Es war bislang eine phantastische Reise mit meinen phantastischen Leuten!